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Fehlende Gleichbehandlung bei Durchsetzung der Sächsischen Corona-Notfall-Verordnung

Fehlende Gleichbehandlung bei Durchsetzung der Sächsischen Corona-Notfall-Verordnung zu Lasten junger Menschen - Polizei und Stadtordnungsdienst als politische Akteur:innen in der Kulturhauptstadt 2025

Pressemitteilung FAK MenOr Chemnitz vom 2.12.2021

Seit Beginn der Pandemie weisen die Dachverbände der Sozialen Arbeit, insbesondere der aufsuchenden Jugendsozialarbeit darauf hin, dass vor allem junge Menschen unter den Einschränkungen der Corona-Verordnungen stark leiden. So werden gerade jungen Menschen überproportional häufig Möglichkeiten und Entwicklungschancen genommen. Um in dieser Zeit der harten Restriktionen, mit weniger Verlässlichkeit und Sicherheit trotzdem gelingende Übergänge, zum Beispiel vom jungen zum erwachsenen Menschen, zu bewerkstelligen, braucht es Zeit aber auch Räume und Auseinandersetzung mit Anderen. Zu erleben, dass nun genau diese Gruppe immer wieder harten Sanktionen durch die Polizei und den Stadtordnungsdienst unterzogen wird, lässt an dem Verständnis für die Situation dieser Menschen zweifeln. Es scheint sich hier die Gelegenheit zu bieten, mit kleinstem Aufwand und der geringsten Reibung nachzuweisen, dass Polizei und Stadtordnungsdienst nicht untätig sind.

Dabei stellen wir fest, dass vor allem Menschen aus marginalisierten Gruppen, die durch gesellschaftliche Ausgrenzung gefährdet oder direkt von ihr betroffen sind, mit Buß- und Ordnungsgeldern belegt werden. Dies betrifft junge Menschen im Allgemeinen, migrantisierte sowie von Wohnungslosigkeit bedrohte oder betroffene Personen im Besonderen.

Zur gleichen Zeit erleben wir, dass regelmäßig mehrere hundert Menschen von der Polizei und dem Stadtordnungsdienst begleitet und geduldet, ohne Masken, Ab- und Anstand durch unsere Stadt ziehen dürfen. Dies lässt zumindest am Wissen über die epidemische Lage und die üblichen Verbreitungswege des SARS-CoV2 zweifeln. Es werden wöchentlich falsche "Wahrheiten", Verschwörungserzählungen, Hass, Ausgrenzung sowie antisemitische Denkweisen auf die Straße getragen und immer wieder reproduziert.

Wir konstatieren gleichfalls, dass die Entscheidungsträger:innen der kommunalen Politik und Verwaltung der Stadt Chemnitz, diese Geschehnisse nicht wahrnehmbar thematisieren und bearbeiten. Statt des offenen Widerspruchs wurde am Abend des 29.11.2021 legitimer Gegenprotest kriminalisiert und mittels körperlicher Gewalt sowie Bußgeldern sanktioniert. Es stellt sich die Frage ob und wenn ja, welche Gefahrenanalyse dem zugrunde gelegt wurde. Die aktuelle Sächsische Corona-Notfall-Verordnung vom 19.11.2021 regelt unter anderem Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren und Einschränkungen im Versammlungsrecht. Seit Wochen zeigt sich aber, dass die Sächsische Polizei und das Chemnitzer Ordnungsamt inklusive Stadtordnungsdienst und Versammlungsbehörde nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, bei der Durchsetzung dieser und der vorangegangenen Verordnungen den Grundsätzen der Gleichbehandlung nachzukommen. Wir kritisieren in diesem Zusammenhang das Vorgehen und "Nicht-Vorgehen" aufs Schärfste.

Wir als Akteure der Sozialen Arbeit fordern die Polizei, den Stadtordnungsdienst und die Chemnitzer Versammlungsbehörde auf, dem gesetzlich verpflichtenden Gleichbehandlungsgrundsatz zu folgen und den politisch beschlossenen Rechtsrahmen zu gewährleisten und dadurch einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten. Es muss Schluss damit sein, vorrangig Menschen, die zum Teil schon am Rande der Gesellschaft stehen, ungleich häufiger mit Sanktionen zu belegen. Wir zweifeln den epidemiologischen Nutzen des Vorgehens der Polizei und des Stadtordnungsdienstes an und stellen außerdem fest, dass dies dazu beiträgt, Menschen den Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe zu verwehren.

Polizei und Ordnungsamt treten hier als politische Akteur:innen in Erscheinung. Menschen werden wöchentlich ungleich behandelt und antisemitischen sowie verschwörungsideologischen Weltbildern kann nicht widersprochen werden. Dies ist absolut inakzeptabel.

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